Was ist ein Wickel?

Umgangssprachlich wird der Begriff Wickel für verschiedene Anwendungen als Sammelbegriff gebraucht. Wickel und Kompressen werden unterschieden nach der Anwendungsform, nach Temperatur und nach der jeweiligen Wirksubstanz. Sie werden oft nach der Körperregion oder den Organen, auf die sie aufgelegt werden benannt.

Wickel

Das Innentuch ist meist mit einer Flüssigkeit oder Substanz getränkt und wird zirkulär um den ganzen Körper oder einen Körperteil gewickelt. Darüber kommt ein trockenes Außentuch (z.B. Wadenwickel).

Kompresse

Das Innentuch oder Wickelpaket wird auf eine Körperstelle gelegt. Das Außentuch wird in vielen Fällen wieder zirkulär darüber gewickelt (z.B. Temperierte Ölkompresse, aber auch „Topfenwickel“)

Wirkungsweisen

Die Wirkung von Wickeln und Kompressen ist vielfältig und setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen. Die wichtigsten davon sind:

Wärme bewirkt eine vermehrte Durchblutung. Dadurch kommt es zu einer Muskelentspannung, zur Schmerzlinderung, zu einer Verbesserung des Abtransportes von Schadstoffen und einer besseren Versorgung mit Nährstoffen.

Kälte schließt die Poren und führt zu einer Durchblutungsverminderung. Kalte Wickel können Schwellungen mindern, Schmerzen lindern oder einen anregenden Effekt erzielen.

Temperierte Wickel sind die sanfte Variante der heißen Wickel und deshalb besonders für Kinder und alte Menschen geeignet.

Bei all diesen Temperaturen wird auch die Ausscheidungsfunktion der Haut angeregt. Es kommt zu einer Beruhigung und Entspannung. Spezielle Zusätze wie Tees, Salben oder Ätherische Öle intensivieren die Wirkung. Wickel und Kompressen wirken sowohl auf körperlicher Ebene als auch auf emotionale und seelische Bereiche. Wickel vermitteln Geborgenheit, Wohlgefühl und lassen einen zur Ruhe kommen.

Grenzen und Gefahren

  • Falsche und unsachgemäße Handhabung - Gefahr der Verbrennung oder Auskühlung.
  • Unverträglichkeit oder Allergien gegen bestimmte Wirksubstanzen.
  • Zu starke oder zu viele Reize - beschränke dich auf einen Wickel und passe die Reizstärke der jeweiligen Person und der Auflagestelle an. Weniger ist mehr!
  • Kinder und alte Menschen vertragen weniger Hitze. Der Bauch ist temperaturempfindlicher als die Extremitäten.
  • Wickel und Kompressen ersetzen keinen Arztbesuch!

Was ist bei jedem Wickel zu beachten?

Vor dem Wickel:

  • Wähle einen günstigen Zeitpunkt für den Wickel aus. Beruhigende Wickel eigenen sich besonders am Abend gut, anregende Wickel eher morgens. Nicht direkt vor oder nach den Mahlzeiten!
  • Sorge für eine ruhige Umgebung! Nicht unbedingt den Fernseher einschalten oder Telefonate führen.
  • Wickelmaterialien vorbereiten, damit der Wickel rasch angelegt werden kann.
  • Zimmer vorher gut durchlüften, es muss aber trotzdem warm genug sein.
  • Vorher auf die Toilette gehen!
  • Je besser die Vorbereitung - desto besser das Ergebnis!

Während des Wickels:

  • Die Reizstärke muss der jeweiligen Person angepasst sein!
  • Der Behandelte entscheidet
    • ob der Wickel angenehm ist oder nicht.
    • ob der Wickel zu heiß ist oder nicht.
    • ob der Wickel entfernt werden muss oder nicht.
  • Den Behandelten gut zudecken! Speziell die Füße müssen warm sein (ev. Wärmeflasche oder Socken)
  • Beobachten ob außergewöhnliche Reaktionen auftreten.
  • Lass Kinder mit einem Wickel nie allein!

Nach dem Wickel:

  • Das Entfernen des Wickels soll rasch erfolgen, anschließend gut nachtrocknen und wieder einpacken.
  • Nachruhen und nachgewickelt sein ist genauso wichtig für die Wirkung wie der Wickel selber! Mindestens 30-45 Minuten.
  • 1x täglich eine Anwendung über 5 Tage. Anschließend 2 Tag Pause. Serie eventuell nochmals wiederholen.
  • Viel trinken!
  • Den Behandelten umziehen, falls er stark geschwitzt hat.
  • Wickelzutaten im Restmüll entsorgen.

Zu beachten:

  • Keine sehr heißen Wickel bei Gefühlsstörungen, Lähmungen, kleinen Kindern oder sehr alten Menschen, Blutungsneigung und bei schweren Herz-Kreislauferkrankungen.
  • Keine extrem kalten Wickel bei Gefühlsstörungen, kleinen Kindern oder sehr alten Menschen, Gefäßschädigungen, Harnwegsinfekten oder bei Wärmemangel.
  • Bei schwerkranken Menschen ist immer eine Abklärung mit dem behandelten Arzt notwendig!

Wickelaufbau:

Jeder Wickel oder Kompresse besteht aus mindestens zwei Tüchern - dem Innentuch und dem Außentuch. Kneipp-Wickel haben noch zusätzlich ein Zwischentuch.

Das Innentuch wird direkt auf die Haut aufgelegt und ist meistens mit Wasser oder einer Wirksubstanz getränkt. Besonders gut geeignet dafür sind Materialien wie Leinen oder Baumwolle. Es wird in der gewünschten Auflagegröße gefaltet und soll, je nach Stärke des Stoffes, mindestens dreilagig sein. Wenn es als zirkuläres Brust- oder Leibwickeltuch verwendet wird, muss es für einen Erwachsenen mindestens eine Größe von 35cm x 140cm haben, das heißt ca. 1 1/2 mal den Brust- oder Bauchumfang.

Für feuchte Anwendungen wird zusätzlich ein Auswringtuch benötigt, am besten ein festes Baumwolltuch, damit möglichst wenig Flüssigkeit im Innentuch verbleibt.

Ein Zwischentuch wird, außer bei klassischen Kneippwickeln, selten benötigt. Zum Schutz für Wollaußentücher oder bei empfindlichen Patienten ist es ratsam ein Zwischentuch zu verwenden. Gut geeignet sind dafür Materialien aus Baumwolle.

Die meisten Anwendungen werden mit einem Außentuch befestigt. Dieses sorgt auch für den notwendigen Nässeschutz nach außen und reguliert die Temperatur. Bei warmen Wickeln eignet sich dafür am besten ein Wolltuch. Wolle kann viel Flüssigkeit aufnehmen ohne sich dabei nass anzufühlen. Es entsteht weniger Verdunstungskälte. Falls Wolle nicht vertragen wird oder nicht zur Verfügung steht, kann auch ein Frottee- oder Flanelltuch verwendet werden. Bei Anwendungen mit Topfen, Zitrone oder Heilerde eignet sich generell ein Frottee- bzw. Flanelltuch besser, da es leichter zu reinigen ist. Wolle nimmt leicht Geruch an. Im stationären Gebrauch ist auf Hygienevorschriften zu achten und somit scheidet Wolle als Material aus. Eine gute Alternative sind Außentücher aus Molton oder Flanell. Die Größe richtet sich nach dem Innentuch, d.h. das Außentuch soll 3-4 cm überlappen.

Falls ein Bettschutz aus Plastik notwendig ist, wie z.B. bei Topfenanwendungen, diesen auf keinen Fall um den gewickelten Körperteil legen, sondern nur unterlegen.

Befestigungen von Wickeln sind nicht unbedingt notwendig, außer gelegentlich bei sehr unruhigen Kindern. Es ist nicht sinnvoll Wickel so zu befestigen, dass der Patient mobil ist - er soll ja zur Ruhe kommen.

Wickel und Kompressen in der modernen, schnelllebigen Zeit?!

Wickelanwendungen sind eine uralte, traditionelle Pflegemethode. Das Wissen über Wickel hat sich über Generationen erhalten. Immer wieder wurde es verfeinert und verbessert, um es zeitgemäßer auszudrücken – modifiziert. Damit taucht die Frage auf - passt dieses Wissen in unsere moderne Zeit?

Wir möchten einige Gründe aufzählen, warum diese Frage mit einem eindeutigen JA zu beantworten ist:

  • Wickel sind einfach und praktisch anzuwenden!

Wickel brauchen Vorbereitung, allerdings nicht so viel, wie allgemein angenommen wird. Je öfter Wickel angewandt werden, desto schneller gehen sie von der Hand.

  • Wickel eigenen sich hervorragend zur Gesundheitsvorsorge!

Sich und seinen Körper gesund und fit zu halten liegt im Trend der Zeit. Es wird wieder mehr Augenmerk auf diesen Bereich gelegt. Wickel bieten viele Möglichkeiten dazu.

  • Wickel bringen schnelle Hilfe!

Oft kommen Schmerzen zu den unpassendsten Zeiten - mitten in der Nacht oder am Wochenende. Besonders hier eigenen sich Wickel sehr gut für schnelle und wirksame Erste Hilfe. Es gilt oft die Zeit bis zum Arztbesuch zu überbrücken, Schmerzen rasch zu lindern oder zumindest erträglich zu machen. Die Chancen auf eine schnellere Genesung erhöhen sich, weil früh genug ein Anstoß zur Eigenheilung des Körpers gegeben wurde.

  • Wickel lassen sich gut mit anderen Behandlungsmethoden kombinieren!

Gerade in der professionellen Pflege haben Pflegende aller Sparten ein Werkzeug in der Hand, das sich ideal zum Ergänzen und Kombinieren mit anderen Pflege- oder Behandlungsmethoden anbietet.

  • Wickel bringen besondere Zuwendung!

Einen Wickel anlegen vermittelt Geborgenheit und Fürsorge. Der zu Pflegende  fühlt sich mit seinen Bedürfnissen ernst genommen und umsorgt. Dieses Gefühl hat einen besonderen Stellenwert bei der Genesung eines kranken Menschen. Wickel haben eine ganzheitliche Wirkung auf Körper und Seele.

  • Wickel sind kostengünstig!

Wickelutensilien sind großteils im Haushalt vorhanden, griffbereit, verfügbar und kostengünstig. Mit ein bisschen Improvisationsgeschick lassen sich Kleidungsstücke zu Wickeltüchern umfunktionieren. Besonders chronisch kranke Menschen sind massiven Kostenbelastungen ausgesetzt und profitieren von diesen Anwendungen.

  • Wickel kann „Frau“ und „Mann“ erlernen!

Bedingung dazu ist Interesse, fundiertes Grundwissen sowie geeignete Fachliteratur.

Für Pflegeprofis aber auch für interessierte Laien werden Seminare und diverse Literatur zum Thema „Wickel und Kompressen“ angeboten, um die notwendigen hohen Qualitätsstandards zu sichern und zu gewährleisten.